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Politik » AfD » Boykott » Stadt Koblenz verhindert rechten Kongress durch Verkauf der Stadthalle
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Stadt Koblenz verhindert rechten Kongress durch Verkauf der Stadthalle

10. Januar 2017 von Frank Huber

Der Koblenzer Stadtrat beschließt in geheimer Abstimmung den Verkauf der Rhein-Mosel-Halle und verhindert damit wohl den im Januar stattfindenden 2. Kongress der rechtspopulistischen ENF-Fraktion in Koblenz.

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Koblenz - Der vor wenigen Tagen für Koblenz angekündigte 2. internationale Kongress der rechtspopulistischen ENF-Fraktion (Europa der Nationen und der Freiheit) könnte voraussichtlich ins Wasser fallen. Nachdem die Fraktion in den meisten deutschen Städten nur Absagen erhielt, sollte der Kongress nun eigentlich in der Rhein-Mosel-Halle von Koblenz stattfinden. Die Hallenmiete wurde gestern von der Fraktion per Vorkasse gezahlt.

Die ENF-Fraktion hat im Europäischen Parlament 39 Sitze inne und besteht aus vorrangig national- und rechtspopulistischen Politikern aus neun europäischen Nationen. Vorsitzende der Gruppe ist die Französin Marine Le Pen (Front National, Frankreich). Weitere Mitglieder sind unter anderem Marcus Pretzell (AfD), Marcel de Graaf (Partij voor de Vrijheid, Niederlande) und Mara Bizzotto (Lega Nord, Italien).

Zuvor ging die SPD davon aus, keine rechtliche Handhabe gegen die Rechtspopulisten zu haben. Wie geheime Dokumente eines ehemals hochrangigen Beamten der Stadt Koblenz nun verraten, plant die Stadt den Eilverkauf der Rhein-Mosel-Halle, in welcher der Kongress des ENF stattfinden sollte. Der gesamte Stadtrat, abgesehen von der AfD-Fraktion, hat in einer geheimen Sitzung für den schnellen und unbürokratischen Verkauf gestimmt.

Die SPD im Koblenzer Stadtrat konnte wenige Stunden nach dem Beschluss bereits einen chinesischen Flughafenbetreiber als potenziellen Käufer akquirieren. Die Dokumente belegen weiterhin, dass der Kaufvertrag kurz vor der Unterzeichnung steht. Eine Summe in Höhe von 17 Millionen Euro steht im Raum.

Die Geheimdokumente, datiert auf den 04.01.2017, erläutern auch den Grund des raschen Abverkaufs der Halle: Da sich die Rhein-Mosel-Halle in öffentlicher Hand befindet, möchte die Stadt Koblenz durch den Verkauf der rechtlichen Verpflichtung entgehen, jeder demokratisch gewählten Partei in öffentlichen Gebäuden ein Forum zu bieten.

Da die Hallenmiete (vermutlich im fünfstelligen Bereich) gestern bereits überwiesen wurde, hätte es eigentlich auch für den neuen Betreiber keine Möglichkeit mehr gegeben dagegen vorzugehen. Allerdings darf in diesem Fall, lt. den Dokumenten der Stadt Koblenz, die chinesische Betreiberfirma die Veranstaltung nicht durchführen, da es seitens der KPC (Kommunistische Partei Chinas) untersagt ist, politische Veranstaltungen auszurichten, auch im Ausland. Im Zweifelsfall müssten chinesische Betreiber in diesen Fällen eben eine Vertragsstrafe zahlen. Mit diesen Gesetzen schützt sich das politische Regime in China vor aufkommenden Putsch Initiativen. So kann die Stadt also die Miete noch verbuchen, ohne aber der Verpflichtung nachzukommen die Halle auch wirklich der Fraktion zur Verfügung stellen zu müssen.

Die Rhein-Mosel-Halle wurde 1890 als Stadthalle konzipiert und erbaut. Sie erfuhr ab April 2010 eine 32 Millionen Euro teure Komplettsanierung und wurde im September 2013 wieder neu eröffnet. Sie bietet Platz für bis zu 1400 Menschen. Zum Kongress des ENF haben sich etwa 1000 Teilnehmer angekündigt.

Zwischenzeitlich haben sich diverse Protestgruppen bei Facebook formiert, in denen aufgerufen wird, die teilnehmenden Unternehmen für Sicherheitspersonal und Catering zu boykottieren, um sie so zu einer Absage zu bewegen und dadurch die Teilnehmer des Kongresses auflaufen zu lassen. Ein Neuwieder Kebap-Haus, das auch dem Erdoğan-Regime nahe steht, erklärte sich jedoch provokanter weise bereit, ein türkisch-arabisches Catering auszurichten, sollte es zu Ausfällen bei der Verpflegung kommen. Abgesehen davon wurden bis dato mehrere Demonstrationen gegen den Kongress bei der Stadt angemeldet, unter anderem ein Bündniss aus SPD, Linke und Grüne sowie mehrere Gewerkschaften und der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND).

Ob der rechtspopulistische Kongress den Verkauf einer Stadthalle unter Wert rechtfertigt ist allerdings fraglich. Auch ob man die wenig demokratischen Verhältnisse in China für seine Zwecke missbrauchen darf, scheint für unser Demokratieverständnis zumindest zweifelhaft.